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Hintergrundbericht zu den Inhalten von "Sakrileg"

Gab es eine kirchliche Zensur unter Konstantin?

Von einer "Verfälschungsaktion" des Neuen Testaments unter Kaiser Konstantin kann keine Rede sein. In seiner ausgezeichneten Studie (Jesus - Essener, Guru, Esoteriker, Quell-Verlag Stuttgart 1993) schreibt Joachim Finger zu Recht: "Die Legende von der kirchlichen Zensur beruht auf dem Wissensstand des [vor]letzten Jahrhunderts. Die Archäologie hat inzwischen viele Textrollen und Fragmente aus der Zeit vor dem berühmten Konzil von Nicäa gefunden". Dazu gehören u.a. die Chester-Beatty- und Bodmer-Papyri, die grosse Teile des Neuen Testaments enthalten. Irgendwelche Botschaften über einen "sterblichen" Jesus, der ein Kind gezeugt hätte, enthalten die Texte nun wirklich nicht. Aber wir finden hier dieselbe Botschaft, wie in den späteren neutestamentlichen Handschriften, dass Gott den Menschen so sehr liebt, dass sein Sohn für die Sünden der Welt am Kreuz starb und es für jeden eine lebendige Hoffnung seit der Auferstehung Christi gibt (Johannes 3,16-21). Kaiser Konstantin liess die Bibeltexte in seinen römischen Schreibstuben von Profischreibern abschreiben, denn in den schweren Christenverfolgungen vorher (besonders unter Kaiser Diokletian) waren viele neutestamentliche Handschriften vernichtet worden. Joachim Finger: "Die Kirchen haben im Verlaufe ihrer [späteren] Geschichte des öfteren in verschiedenen Zusammenhängen Zensurmaßnahmen ergriffen ... aber die Folgerung daraus, dass sie am Anfang ihrer Geschichte selbst das Neue Testament zensierten, ist eine Erfindung des [vor]letzten Jahrhunderts". In den Kanon wurden damals nur die Schriften aufgenommen, die den Anspruch erheben konnten, von Augenzeugen des Wirkens Jesu oder aus deren Umfeld zu stammen (wie die Schriften des Paulus oder Lukas).

 Heute gibt es eine Vielzahl von neutestamentlichen Papyrifunden aus der Zeit vor dem Konzil von Nicäa (325 n. Chr. / Türkei). Die Texte zeigen, dass es keine kirchliche Zensur unter Kaiser Konstantin gegeben hat. Im Bild eine fast vollständige Abschrift des Johannesevangeliums (2. Jh. N. Chr.).

Foto: Bodmeriana Cologny

 Die älteste Abschrift der Petrusbriefe (2. Jh.). Faksimile (Reproduktion) aus der Sammlung der Qumran- & Bibelausstellung Sylt.

Foto: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de

War Jesus verheiratet?

Und wie steht es um die andere angeblich so genau recherchierte sensationelle Behauptung von Dan Brown? Auf S. 335 heisst es, die "Ehe zwischen Jesus und Maria Magdalena ist historisch verbürgt". Das ist haarsträubender Unsinn! Die Bibel berichtet nichts davon und auch in den ausserbiblischen Schriften wird nichts in dieser Richtung berichtet. Und das Abendmahlsgemälde von Leonardo da Vinci? Ist da nicht Maria neben Jesus dargestellt? Der Kunsthistoriker und Da-Vinci-Spezialist Frank Zöllner, kann über solche Thesen nur den Kopf schütteln: "Ich verstehe nicht, warum sich so viele Leute mit diesem Unsinn befassen", so Zöllner, Professor an der Universität Leipzig. Im umfangreichen schriftlichen Nachlass von Da Vinci existiere "nicht der geringste Hinweis auf solches Zeug". Diese Thesen seien so "absurd wie die Behauptung, dass die Erde eine Scheibe sei und die Amerikaner nie auf dem Mond gelandet seien".

Dan Browns Megaseller "Sakrileg" wird weiterhin die Bestsellerlisten anführen. Es erinnert ja fast an die biblische Weissagung in 2. Timotheus 4, 3+4 heisst es: "Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, weil es ihnen in den Ohren kitzelt und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und sich zu den Fabeln hinwenden".

 In den USA gibt es bereits eine Vielzahl von Folgebüchern zu Dan Brown's Bestseller. Leider enthalten die meisten denselben Unfug. Sehr zu empfehlen ist die wissenschaftliche Antwort "The Gospel Code" von dem Neutestamentler Prof. Ben Witherington III (InterVarsity Press, ISBN 0-8308-3267). In Europa über www.amazon.de zu beziehen. Leider bisher nur auf Englisch.

 Auch in Deutschland sind "Aufklärungsbücher" zu "Sakrileg" erschienen, so "Ein Code wird geknackt" (Egmont Vgs-Verlag). Zuerst sollte der Titel lauten "Die Fakten hinter dem Bestseller" - doch Vorsicht! Das Buch ist nichts anderes als ein weiteres Gralsbuch mit den üblichen haarsträubenden Thesen über Jesus, Maria und die Qumranschriften. Man fragt sich, wie ein renommierter Verlag wie Egmont, einen solchen Titel überhaupt herausbringen konnte! Jeder Lektor, der nur ein wenig theologische Allgemeinbildung hat, müsste den Titel allein aus wissenschaftlicher Redlichkeit ablehnen. Aber gedruckt wird anscheinend nur noch, was Geld verspricht. Der Seriosität fühlt man sich nicht mehr verpflichtet.

Ein "Jesus"-Bestseller - voll daneben!

Viele sind geradezu begeistert von dem Thriller, der für viele eine unterhaltsame Lektüre ist. Doch einmal ehrlich - das Buch ist weder literarisch anspruchsvoll noch sprachschön. Es verdankt seine Popularität einer unhaltbaren These, die in einem Krimi verpackt ist. Der bekannte Literaturhistoriker und Qumranforscher Prof. Carsten Peter Thiede, urteilte noch kurz vor seinem Tod in 2004: "Wer auf ehrzählerische Feinheiten keinen Wert legt, mag den Schmöker sogar spannend finden. Über Browns Erfindungen, dass Jesus nicht am Kreuz starb, Nachfahren hatte und dass Leonardo da Vinci, selbst ein Mitglied jenes "Priorats von Zion", in seinem berühmten Abendmahls-Gemälde nicht etwa Jesus Lieblingsjünger Johannes, sondern Maria Magdalena an der Schulter Jesu zeigt - darüber kann man allerdings nur lachen. Denn dieser Roman ist ein Verrat an jeder Form von Glaubwürdigkeit ... Ein Sakrileg ist dieses Buch in der Tat: Nicht am christlichen Glauben, wie es der Autor wohl gerne hätte ... sondern an der Literatur ... "Ein ‘Jesus’-Bestseller - voll daneben!" Dem ist nichts hinzuzufügen ausser, dass es eine echte Katastrophe ist, dass viele Menschen ihr ganzes Wissen über Jesus aus solchen haarsträubenden Büchern beziehen und leider nicht die Evangelien lesen, die authentischen Berichte über den Sohn Gottes.

 Der leider inzwischen verstorbene Neutestamentler Prof. Carsten Peter Thiede urteilte, wie andere Wissenschaftler über Sakrileg:

"Ein ‘Jesus’-Bestseller - voll daneben!"