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Die berühmtesten Handschriftenfunde zur Bibel - Das Neue Testament

Der Bibelschatz aus dem Abfallkorb

  Das Katharinenkloster im Sinai stammt aus dem 6. Jh. n. Chr.

Seit Jahrhunderten befindet sich hier eine der bedeutendsten Handschriftensammlungen der Welt. Hier entdeckte Tischendorf 1844 und 1859 einen der wichtigsten Textzeugen für die Bibel. Es handelt sich um den berühmten Codex Sinaiticus (Codex= Buch / Sinaiticus = vom Sinai). Er wurde um 350 n. Chr. geschrieben

Fotos: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de


Foto: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de

Konstantin von Tischendorf (1815-1874) gilt als der Vater der modernen Textforschung. Seine Arbeiten und Entdeckungen zum NT haben bis heute Geltung. 1844 entdeckte er im Katharinenkloster die ersten Blätter des Codex Sinaiticus in einem Abfallkorb.

1844 brach der deutsche Bibelforscher Konstantin von Tischendorf zu einer gefährlichen Orientreise auf. Sein Ziel: das Katharinenkloster im Sinai, das älteste Kloster der Welt (6. Jh. n. Chr.). Er hatte die Strapazen der langen und gefahrvollen Wüstenreise nur aus einem Grund auf sich genommen: er suchte uralte Bibelhandschriften, um den Bibelkritikern zu beweisen, dass die Bibel unverfälscht über die Jahrhunderte zu uns gekommen ist. Bis dahin benutzten Bibelübersetzer - so zum Beispiel auch Luther - hauptsächlich Handschriften des Mittelalters. Aber konnte man sicher sein, dass diese mittelalterlichen Handschriften wirklich den Originaltext der Heiligen Schrift korrekt wiedergaben? Wurde dieser Text nicht vielleicht bei der Entstehung der römischen Staatskirche unter Konstantin dem Großen verändert? Wer konnte garantieren, dass im Laufe der Zeit nicht einfach Geschichten erfunden wurden, die Eingang in die Bibelhandschriften fanden? Tischendorf wollte hierin Klarheit schaffen. Er sagte sich, wenn man eine NT-Handschrift finden würde, die ganz nah an die Abfassungszeit der Evangelien heranreicht, dann müsse man davon ausgehen, dass dieser Text die "Ur-Evangelien" repräsentiere. Tagelang durchsuchte Tischendorf die verstaubte Bibliothek. Ihr Zustand war erbärmlich. Durch einige der Pergamente krochen Madenwürmer; andere waren zusammengeklebt wie ein Brikett. Tischendorf war geschockt. Am Tag vor seiner Abreise sah Tischendorf im Abfallkorb der Bibliothek großformatige Pergamentblätter, die sich als Seiten aus einer griechischen Bibel aus dem 4. Jh. n. Chr. herausstellten. Sie sollten "entsorgt" werden, da keiner der Mönche die alte Schrift lesen konnte. Die Mönche hatten schon einige Körbe mit diesem "Altpapier" verbrannt. In letzter Minute konnte Tischendorf einen einzigartigen Bibelschatz vor der Vernichtung durch die Feuerflammen retten. Die Blätter enthielten Teile des AT in griechischer Sprache (sog. Septuaginta). Bei nochmaligen späteren Reisen in das Kloster entdeckte Tischendorf weitere Blätter aus dem AT und das gesamte NT! Bis heute ist diese Sinai-Bibel - bekannt als Codex Sinaiticus (Codex=Buch) - die älteste komplette Handschrift des NT in griechischer Sprache. Sie stammt von 350 n. Chr.

 In solchen Körben wurde auch Handschriften aufbewahrt. Tischendorf berichtete, dass der Inhalt verbrannt werden sollte, da das alte Pergament für wertlos von den Mönchen erachtet wurde.

Foto: Alexander Schick (c) www.bibelausstellung.de mit freundlicher Genehmigung von St. Catherine Monastery / Sinai

 Der Codex Sinaiticus ist die älteste komplette griechische NT-Handschrift von 350 n. Chr. und wird heute in der British Library als größter Schatz gehütet.

Foto: Alexander Schick © www.Bibelausstellung.de

 Zur Entdeckung von Tischendorf gibt es eine moderne Fortsetzungsgeschichte. 1975 wurden im Kloster hunderte von Handschriften in einem schon längst vergessenen und zugemauerten Raum entdeckt. Darunter 12 Blätter und 14 Fragmente aus dem Codex Sinaiticus.

Foto: Alexander Schick (c) www.bibelausstellung.de mit freundlicher Genehmigung von St. Catherine Monastery / Sinai

 1844 entdeckte Tischendorf im Katharinenkloster Blätter aus dem Alten Testament in griechischer Sprache, der sog. Septuaginta. Diese Blätter werden heute in der Universitätsbiliothek Leipzig aufbewahrt.

Foto: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de (Faksimile aus der Sammlung der Bibelausstellung Sylt)

Mit dieser Entdeckung begann die moderne Handschriftenforschung zur Bibel. Viele Forscher sind seitdem den Spuren Tischendorfs gefolgt und haben sich bis in die letzten Winkel der Erde auf den Weg gemacht, immer auf der Suche nach uralten Pergamenten und Papyri. Ihrem unermüdlichen Eifer verdanken wir heute unser Wissen über die hervorragende Überlieferungstreue der Bibel. Wir können sicher sein, dieselbe Bibel in der Hand zu halten wie die ersten Christen und vor allem, dass die Botschaft von der Liebe Gottes in seinem Sohn Jesus Christus unverfälscht zu uns gekommen ist. Über einige der größten und abenteuerlichsten Entdeckungen soll es im Folgenden gehen, denn sie zeigen, welch Mühsal die Forscher auf sich genommen haben, um den Bibeltext genauestens zu erkunden.

 Seit Jahren werden die wertvollen Bestände der Klosterbibliothek digitalisiert, damit eines Tages die alten Handschriften und Büchern per Internet der Forschung zur Verfügung stehen.

Foto: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de

Unbezahlbarer Abfall - Müllhaufen und antike Friedhöfe

Foto: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de mit freundlicher Genehmigung Institut für neutestamentliche Textforschung Universität Münster

Papyrus in griechisch beschrieben 2. Jh. n. Chr.

1778 wurde zum ersten Mal in Ägypten ein Tonkrug entdeckt, der 50 Papyrusrollen enthielt. Nur eine der Rollen wurde von einem Händler angekauft, da der Rest von den Beduinen wegen des "angenehmen Geruches" verbrannt worden war (in der Antike wurde Papyrus oft mit Zedernöl behandelt, daher der aromatische Rauch). Der einzige "überlebende" Papyrus fand seinen Weg nach Europa. Der Text enthält Angaben über Zwangsarbeiten (Damm- und Kanalarbeiten), die bei Nilüberschwemmungen von der Bevölkerung zu leisten waren. Nichts Aufregendes also. Aber eines lehrte bereits dieser erste Payprusfund: es gab Orte auf der Welt, wo Papyrus überdauern konnte. Papyrus war das "Papier" der Antike und überdauerte fast nie die Zeiten, denn das Material ist sehr anfällig gegen Feuchtigkeit. Nur im heißen Wüstensand blieb Payprus erhalten und so richteten Forscher ihren Blick besonders auf das Land am Nil, denn hier hofften sie, Papyri zu entdecken. Vor allem antike Müllplätze und Friedhöfe erregten dabei das Interesse der Ausgräber. Nicht mehr benötigte Gegenstände, wie Haushaltsabfälle oder "Altpapier" der öffentlichen Ämter, wurden in der Antike einfach in der nächsten unbesiedelten Umgegend, das heißt in der Wüste, weggeworfen, oder man wählte die Ruine eines verlassenen Hauses als Abfallplatz. Im Laufe der Zeit wuchsen die Abfallhaufen zu beachtlichen Müllhügeln an, die mehrere Meter hoch waren. Diese wurden in den Jahrhunderten vollkommen vom Wüstensand bedeckt und warteten eigentlich nur auf Archäologen, um wiederentdeckt zu werden. Aber auch antike Friedhöfe können Überraschungen bereithalten, denn seit dem 3. Jh. v. Chr. stellte man aus dem "Abfallpapier" der Behörden Kartonagen her für die Mumienhüllen oder Mumienmasken. Die Schriftstücke wurden dabei zusammengekleistert, mit Gips überzogen und nach dem Trocknen bunt bemalt.

1878/79 entdeckten ägyptische Bauern ca. 70 km südlich von Kairo einen antiken Müllhaufen voller Schriftstücke. Über den Antiquitätenhandel in Kairo wurden die Funde an einen Österreicher verkauft, der sie 1881 in Wien ausstellte. Erzherzog Rainer, ein Cousin von Kaiser Franz Josef I., erwarb die 10.000 Stück und begründete damit die heute größte Papyrussammlung der Welt. Das öffentliche Interesse an den uralten Papyri war nun voll entbrannt und die großen europäischen und amerikanischen Museen bzw. die neu gegründeten Forschungsgesellschaften wetteiferten nun untereinander und schickten eigene Teams los mit dem Auftrag, Papyrusfunde zu machen. Das Ende des 19. Jahrhunderts war die Zeit der großen Entdeckungen in Ägypten, eine Epoche, die zu Recht als "Ägyptomanie" bezeichnet wird. Leider wurde dabei sehr unwissenschaftlich vorgegangen! Es stand oft nur der äußerst schnelle Erwerb von möglichst vielen museumswürdigen Stücken im Vordergrund. So ließ ein Forscher 1896-1902 in Ägypten 40.000 Gräber öffnen, deren Fundstücke er dann in jährlichen Auktionen an die verschiedenen Museen versteigerte. Es handelte sich dabei mehr um Schatzgräberei denn um wissenschaftliche Forschung. Dies änderte sich erst mit den zwei jungen Oxforder Gelehrten, Bernard Pyne Grenfell und Arthur Surridge Hunt, denen außergewöhnliche Funde gelingen sollten.

Wertvollster Müll - die zerfetzten Papyri von Oxyrynchus

Foto: BAR Juli/August 2003

Über 50.000 Papyri wurden in dem antiken Müllhaufen von Oxyrynchus gefunden. Darunter etliche Handschriften mit Versen aus beiden Teilen der Bibel.

Nach einigen Misserfolgen bei ihrer ersten Grabung in Fajum (90 km südwestlich von Kairo) entschloss sich Grenfell 1897, seine Grabung in den antiken mittelägyptischen Ort Oxyrynchus (knapp 200 km südwestlich von Kairo) zu verlegen. Wie kam Grenfell auf die Idee, genau hier nach alten Handschriften zu suchen? Oxyrynchus (sprich Oxierinkus) ist von den Griechen nach einem speziellen Fisch im Nil, dem Oxyrynchus, benannt worden. Die einheimische Bevölkerung hielt ihn damals für heilig. Wenn ein Ort in Ägypten einen griechischen Namen erhielt, müssen auch Griechen dort gelebt haben, so vermutete Grenfell. Nur wenig war von dem antiken Oxyrynchus bekannt - außer, dass hier einst eine Vielzahl von Klöstern mit 10.000 Mönchen und 12.000 Nonnen existierte. Als Grenfell und Hunt begannen, den griechisch-römischen Friedhof zu untersuchen, mussten sie feststellen, dass Grabräuber bereits vor ihnen dagewesen waren. Daher wandten sich Grenfell und Hunt dem Müllhaufen von Oxyrynchus zu. Die einheimischen Helfer gruben sich durch den zehn Meter hohen antiken Müll und machten dabei den bis heute größten Papyrusfund, der jemals in Ägypten gemacht worden ist. Es wurden nicht nur offizielle Dokumente, sondern ganz alltägliche Papyri gefunden, wie persönliche Briefe, Einladungen zu einem Freundestreffen oder Einkaufslisten. Sogar ein "Haftbefehl" wurde entdeckt, der auf den 28. Februar 256 n. Chr. datiert wird. Ein gewisser Petosarapis, der ein "Christ" genannt wird, sollte verhaftet werden - es ist die früheste Erwähnung dieses Namens "Christ" in den Oxyrynchus Papyri. Für Bibelforscher aber ist die Entdeckung von 36 NT-Texten von besonderer Bedeutung. Sie stammen von 200 bis 400 n. Chr. und enthalten Teile von den Evangelien bis zur Offenbarung. Außerdem wurden etliche Papyri mit Teilen aus dem AT gefunden sowie Pergamente mit NT-Texten. Die Ausgrabungen in Oxyrynchus dauerten bis 1934 und brachten über 50.000 Papyri ans Tageslicht. Da Oxyrynchus eine griechisch-sprechende Enklave war, sind die meisten der dort gefundenen Papyri in griechisch abgefasst. Bis heute sind 67 Bände in der Editionsreihe "Oxyrynchus Papyri" veröffentlicht worden. Noch viele weitere Bände werden benötigt, bis das gesamte Material gesichtet und veröffentlicht ist - darunter auch noch biblische Texte.

Papyri versteckt in Tonkrügen - Die Chester Beatty-Papyri

Foto: Aus Christopher Hamel "Das Buch. Eine Geschichte der Bibel" / Phaidon Pressefoto

Die Chester-Beatty-Papyri wurden 1931 in Ägypten entdeckt. Sie enthalten u.a. eine nahezu vollständige Abschrift der Paulusbriefe in griechischer Sprache, die auf ca. 200 n. Chr. datiert werden. Im Bild der Beginn des 2. Korintherbriefes.

Am 17. November 1931 meldete die London Times, dass 12 Handschriften, verstaut in einem Tonkrug, auf einem koptischen Friedhof 100 km südlich von Kairo entdeckt worden seien - acht Manuskripte mit Teilen des AT, drei mit Textteilen aus dem NT und ein außerbiblicher Text (Henoch). Die Handschriften datierte man auf das 2.-4. Jahrhundert n. Chr. Die griechischen NT-Texte waren nun die ältesten Abschriften, die längere Teile des NT enthielten. Man hatte nun NT-Texte, die sehr nah an die Originalabfassungszeit der Evangelien heranreichten. Der Fund war und ist so bedeutend wie die Entdeckung der Schriftrollen vom Toten Meer für das AT.

Sowohl die AT-, als auch die NT-Texte sind von Christen abgeschrieben worden, weil sie alle in Buchform (statt auf Rollen) abgefasst sind und die "heiligen Namen", wie Jesus Christus, Heiliger Geist oder Gott, abkürzten und mit einem Querstrich darüber kennzeichneten. Diese Handschriften wurden zu horrenden Summen verkauft und zu großen Teilen von dem damals in England lebenden amerikanischen Milliardär Chester Beatty erworben. Sie können heute in seinem Privatmuseum in Dublin besichtigt werden. Es handelte sich damals um den bedeutendsten Fund seit der Entdeckung des Codex Sinaiticus. Die Chester-Beatty-Papyri sind auch heute noch mit die wichtigsten Textzeugen für das NT.

Kleines Fragment - große Wirkung

Unter den Bibelwissenschaftlern war die Erregung über die Chester Beatty-Papyri noch nicht abgeklungen, da platzte eine weitere archäologische Bombe. Bereits 1920 hatte Grenfell ein nicht mal handgroßes Bruchstück einer Papyrushandschrift in Ägypten erworben und mit nach England gebracht.

Nicht grösser als eine Hand! Der P52 (=Papyrus Nummer 52) ist der wohl älteste Beleg zum Neuen Testament aus dem Johannesevangelium und wird auf 100 - 125 n. Chr. datiert. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um eine der allerersten Abschriften des Johannesevangeliums. Das Fragment ist auf beiden Seiten in griechisch beschrieben. Es stammt also aus einem Codex (=Buch), das die Christen erfunden haben, um die gute Nachricht von Jesus besser weitergeben zu können.

Foto: Alexander Schick © / www.Bibelausstellung.de

Da Grenfell tausende ähnlicher Papyrusfragmente aus Oxyrynchus zu bearbeiten hatte, war ihm der unscheinbare Teil gar nicht aufgefallen. Er starb über seinen immensen Arbeiten 1926. Erst sein Nachfolger C.H. Roberts untersuchte 1934 diesen 6 mal 9 cm großen Papyrus, der auf beiden Seiten beschrieben ist. Als Roberts den Text identifizierte, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Der Fetzen stammte aus dem Johannesevangelium. Auf der Vorderseite stehen Bruchstücke von Kapitel 18 Vers 31-33 und auf der Rückseite von Vers 37-38 (das Verhör Jesu vor Pilatus). Die griechische Schrift wurde von Roberts auf 100-125 n. Chr. datiert. Er hielt den ältesten Beleg für das Neue Testament in seinen Händen.

  Die Vorderseite des Fragments enthält Johannes 18, 31-37a ...

... die Rückseite Johannes 18, 37b -19,3. Obwohl das Fragment nur wenige Worte und Wortfetzen enthält, können Wissenschaftler die Länge des Textes sehr genau rekonstruieren.

Fotos: Alexander Schick © / www.Bibelausstellung.de

Als man den Text dieses Papyrus (heute als P52 bezeichnet) untersuchte, stellte man fest, "dass er mit dem aus dem Mittelalter überlieferten Text genau übereinstimmt". Nach altkirchlicher Überlieferung wurde das Johannesevangelium um 95 n. Chr. veröffentlicht. Das Papyrusfragment belegt eine Abschrift des Johannesevangeliums für den Zeitraum von 100-120 n. Chr. Wenn man den frühesten Zeitpunkt für die Handschrift annimmt, haben wir es hier mit einer der allerersten Abschriften des Johannes-Evangeliums zu tun haben. Gerade mal fünf Jahre ist die Abschrift von dem Original entfernt. Das heißt, wir haben es hier wahrscheinlich sogar mit der ersten Abschrift überhaupt zu tun! Eine absolute Sensation. Es gibt Forscher, die glauben, einige Papyri noch älter datieren zu können, doch die Mehrheit der Forscher stimmt den Neudatierungen (Jesuspapyrus/P64 bzw. Markusfragment aus Qumran/7Q5) bisher nicht zu.

 Die Rekonstruktion auf Griechisch zeigt, dass der Text mit unserem heutigen griechischen Text identisch ist. Das erhaltene Fragment ist deutlich auf der rekonstruierten Seite zu sehen (oben links). Der P52 ist ein Beleg für die ausgezeichnete Überlieferung der neutestamentlichen Botschaft!

Foto: Alexander Schick © / www.Bibelausstellung.de

Nag Hammadi - verlorene geheime Evangelien?

Foto: Alexander Schick © / www.Bibelausstellung.de

Die Nag Hammadi-Papyri kurz nach ihrer Entdeckung. Diese Texte wurden erst lange Zeit nach den Evangelien verfasst und enthalten keinerlei authentische Informationen über Jesus.

1945 wurden in Nag Hammadi (Unterägypten) 15 Papyrusbücher entdeckt. Sie sorgen bis heute für viel Aufregung. Unter den Funden ist unter anderem das sogenannte Thomas-"Evangelium" und das Apokryphon des Johannes. Handelt es sich bei diesen Texten um Schriften, die nicht in den Kanon der Bibel aufgenommen worden waren? Manche behaupteten, verlorengegangene Worte Jesu hier in neuen "Evangelien" zu entdecken. Aber die Bezeichnung "Evangelium" ist völlig irreführend. Es handelt sich um Spruchsammlungen, die lange Zeit nach den Evangelien erdichtet worden sind. Diese Schriften stammen von den Gnostikern, einer gefährlichen frühchristlichen Sekte, und sind den Schriften des NT nachempfunden worden. Sie stehen in einem klaren Widerspruch zur biblischen Lehre und gehören nicht zur Bibel, auch wenn esoterische Verlage diese gnostischen Schriften immer wieder im Druck herausbringen und damit für viel Wirbel in den Medien sorgen. (mehr zu den Nag Hammadi-Funden hier)

In dem Weltbesteller "Sakrileg" (im Original "Da Vinco Code") spielen die Nag Hammadi-Texte eine wichtige Rolle. Doch die Thesen von Sakrileg-Autor Dan Brown halten einer fachlichen Überprüfung nicht stand. Leider wird durch den Besteller "Sakrileg" ein völlig falsches Bild über Jesus, Maria und die Entstehung der Bibel vermittelt. Lesen Sie die ganze Wahrheit darüber auf unseren Seiten (mit vielen Bildern, Hintergrundinformationen und Interviews mit renommierten Wissenschaftlern!).

 Der Megaseller "Sakrileg" (im Original "Da Vinci Code") aus den USA verkaufte sich bis März 2005 ca. 25 Millionen mal. Doch Achtung!! Wer meint, hier sachliche und fachliche Informationen über Jesus oder die Entstehung der Bibel zu bekommen, der irrt gewaltig! Dieser Roman, der den Anspruch erhebt, die historischen Dokumente und Ereignisse richtig wiederzugeben, ist in dieser Hinsicht nichts anderes als ein grosser Betrug am Leser! Der Inhalt des Romans ist reine Fiktion und ebensoauch die mehr als eigenwillige und wissenschaftlich unhaltbare Interpretation der geschichtlichen Ereignisse. Als Roman nett zu lesen (wenn man diese Art von Fiktion denn mag) als Religionsbuch hingegen völlig untauglich und nur als Katastrophe zu bezeichnen!

Das Johannesevangelium als Papyrus-Taschenbibel

1956 gelang dem Schweizer Millionär Martin Bodmer, einem leidenschaftlichen Sammler wertvoller Bücher und Handschriften, eine ungewöhnliche Erwerbung. Im Wüstensand Unterägyptens waren Papyri im Umfang von mehr als 2.000 Textseiten entdeckt worden. Bei der Auffindung waren es noch viel mehr Seiten, doch durch die Unwissenheit des Entdeckers wurden etliche Blätter zum Anzünden für eine Wasserpfeife benutzt und ins Feuer geworfen, da sie - wie sooft - einen schönen aromatischen Geruch verbreiteten! Unter den Texten befindet sich unter anderem eine Abschrift der beiden Petrusbriefe (P72/3. bis 4.Jahrhundert) und eine fast vollständige Abschrift des Johannesevangeliums (P66) aus dem Ende des 2. Jahrhunderts oder vielleicht sogar aus der Zeit um 150 n. Chr. Die Schätze werden heute in Cologny, einem noblen Vorort von Genf, im Bodmer-Museum für Weltliteratur aufbewahrt. Auffallend bei all den Papyrifunden ist, dass es sich um Bücher und nicht um Schriftrollen handelt. Schriftrollen wurden bis in das 8. Jh. verwendet, doch die Christen haben bereits sehr früh gefaltete Papyrusblätter zum Beschreiben benutzt. Auf den Blättern, die man zu einem Buch binden konnte, war durch die beidseitige Beschriftung viel mehr Platz als auf einer Schriftrolle. So konnte das Evangelium, die gute Nachricht, viel besser verbreitet werden.

 P66 (Papyrus Nr. 66) - Ein fast vollständiges Johannesevangelium aus dem 2. Jh. n. Chr. (manche Forscher datieren die Handschrift auf 150 n. Chr.) befindet sich unter den weltberühmten Bodmer-Papyri. Deutlich kann man die Überschrift noch nach 1800 Jahren lesen. Auf Deutsch: "Evangelium nach Johannes". Der Text auf Deutsch lautet weiter: "Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott ...", womit Jesus Christus gemeint ist. Dieser Codex ist nur handtellergroß und konnte bequem überall hin mitgenommen werden. Diese antike Abschrift des Johannesevangeliums kann man bestaunen im Museum "Fondation Martin Bodmer" in dem Genfer Nobelvorort Cologny. (Informationen für ein Museumsbesuch)

Foto: Fondation Martin Bodmer Cologny

 P72 (Papyrus 72) - die älteste vollständige Abschrift der Petrusbriefe stammt aus dem 2. Jh. n. Chr. Der Text ist auf kleine quadratische Papyrusblätter geschrieben und zwischen zwei Holztäfelchen befestigt. Zusammengeschnürt wurde dieses "Briefchen" mit einem Lederriemen. Der Apostel Paulus forderte die urchristlichen Gemeinden auf, ihre Briefe auszutauschen und vorzulesen, so im Kolosserbrief 4,16: "Wenn dieser Brief bei euch vorgelesen ist, sorgt dafür, dass er auch in der Gemeinde von Laodizea gelesen wird und dass ihr den aus Laodizea zu lesen bekommt". Bei solchen Tauschaktionen wurden die Texte natürlich abgeschrieben, da jede Gemeinde Berichte von Jesus und die Briefe der Apostel selber besitzen wollte. Deutlich sind auch die Nomia Sacra (die "heiligen Namen") zu erkennen, wie Jesus Christus, Gott, Heiliger Geist. Sie wurden abgekürzt und mit einem Strich darüber gekennzeichnet.

Eine Hälfte dieses einzigartigen Papyrus liegt im Privatmuseum des verstorbenen Schweizer Milliardärs Martin Bodmer (Cologny bei Genf), der andere Teil (mit den beiden Petrusbriefen) wurde dem Vatikan von Bodmer geschenkt und befindet sich in der Biblioteca Apostolica Vaticana.

Foto: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de, Faksimilie (Replikat / detailgetreue Nachbildung) aus der Sammlung der Bibelausstellung Sylt.

Das Neue Testament - einzigartig überliefert

Foto: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de

Der Codex Vaticanus stammt von 325 n. Chr. und gilt als ein besonders wichtiger Textzeuge des Neuen Testaments. Der Vaticanus gilt als die älteste Vollbibel (griechischer Bibeltext des ganzen Alten und ein großer Teil des Neuen Testaments). Sie wird seit 1481 in der Vatikan-Bibliothek aufbewahrt.

Foto: Alexander Schick © www.bibelausstellung.de - Faksimile (Nachdruck) aus der Sammlung des Instituts für neutestamentliche Textforschung in Münster

Detail aus dem Codex Vaticanus mit dem Beginn des Johannesevamgeliums.

Alle diese neuen Papyrifunde sind natürlich für die Textforscher sehr wichtig, die den ursprünglichen Text des griechischen Neuen Testaments rekonstruieren, da es auf jeden einzelnen Buchstaben ankommt. Die Arbeit an diesen Texten zeigte, dass es bei Fragen des originalen Wortlautes neue Detailerkenntnisse gibt, doch die inhaltliche Botschaft des Neuen Testaments blieb genauestens überliefert. Einer der Spezialisten für die antiken Papyri, der amerikanische Professor Philip Wesley Comfort, urteilte nach jahrzehntelanger Forschung: "Egal, welche Differenzen im Wortlaut in diesen frühen Handschriften existieren (...), die frühen Christen, die diese Handschriften besaßen, lasen dieselbe grundlegende Botschaft über den Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, der am Kreuz für die Vergebung der Sünden starb und auferstand, um allen das Leben zu geben, die an ihn glauben". Vom griechischen Text des NT liegen heute insgesamt 5.400 Handschriften vor. Dazu kommen noch über 9.000 Übersetzungen in lateinisch, syrisch, koptisch etc. und 36.000 Bibel-Zitate aus den anfänglichen Schriften der Kirchenväter. Von keinem Werk der Antike gibt es mehr Handschriften. Bis auf einen ganz geringen Zeitabstand reichen die neutestamentlichen Handschriften an die berichteten Ereignisse heran. Auch dies unterscheidet das Neue Testament von allen anderen Büchern der Antike. Das Fazit der Forscher: Das Neue Testament ist besser als jedes andere Buch der antiken Weltliteratur überliefert. Doch wie steht es mit dem ersten Teil der Bibel, dem AT, der jüdischen Bibel?

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Die Zeittafel zeigt die Bedeutung der Handschriftenfunde. Auch wenn wir kein Original des Neuen Testaments mehr besitzen, reichen die Textzeugen so nah, wie bei keinem anderen Buch der antiken Weltliteratur, an die berichteten Ereignisse heran. Das Neue Testament ist ausgezeichnet überliefert!

Grafik: A.Schick / Willfried Bullinger © www.bibelausstellung.de


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